
Hausfrau als Geschäftsmodell
„Hausfrau“ ist in unserer Generation inzwischen eigentlich so etwas wie ein Schimpfwort. Meistens wird es zumindest mit einem giftigen oder ironischen Unterton ausgesprochen. Wir alle kennen sie noch aus unserer Kindheit.
Von unseren Altersgenossinnen würde jedoch fast niemand zugeben, eine Hausfrau zu sein. Vielleicht noch hier und da in einigen ländlichen Regionen. Aber im Allgemeinen ist die Hausfrau tot. Lieber langzeitarbeitslos als Hausfrau. Ein großer Teil der Kinderbetreuung und Hausarbeit bleibt zwar immer noch an den Frauen hängen. Daneben machen sie jedoch alles Mögliche andere. Im besten Fall berufliche Karriere. Oder sie gehen Teilzeitjobs, 450 Euro-Jobs oder einer Selbstständigkeit nach.
Doch es gibt eine kleine Gegenbewegung in den städtischen Metropolen: einige junge bekennende „Hausfrauen“, die festgestellt haben, dass mit diesem Bekenntnis eine Menge Geld zu verdienen ist. Sie sind gut ausgebildet, haben studiert und dann früh mehrere Kinder bekommen. Und dann haben sie eine tolle Nische entdeckt: die Hausfrau aus Prinzip. Trotzig werfen sie sich dem städtischen Karrieredruck entgegen und schwelgen in den guten alten Tugenden: Mann und Kindern ein kuscheliges Heim zu bereiten, ein behütendes Nest, wo „Kinderkrippe“ ein Fremdwort ist. Die lieben Kleinen können den Blumen endlich wieder beim Wachsen und den Schnecken beim Kriechen zusehen, weil Mama ihnen Zeit und Raum dafür gibt. Wie schön! Dagegen spricht ja erstmal gar nichts. Jedem das seine und jeder das ihre.
Was mich daran nur total erstaunt: sie sind alle wild am Bloggen und am Veröffentlichen ihres Hausfrauentums. Und alle verbliebenen sogenannten Hausfrauen unserer Generation folgen ihnen hingebungsvoll auf Pinterest, Instagram und Co. Endlich gibt es die Rechtfertigung des eigenen Tuns. Hier erhalten sie keine blöden Ermahnungen wie: „Denk an Deine Rente!“ oder „Hast Du keine höheren Ziele?“ „Was machst Du, wenn der Alte in 10 Jahren mit einer Jüngeren abdampft?“
Stattdessen seitenweise Geschenketipps für Weihnachten, Jubilieren über die auslaufsicherste Windel aller Zeiten und darüber, mit welchem schicken SUV die Familie am Wochenende die besten Ausflüge in die Lüneburger Heide machen kann. Einige Posts sind als „Anzeigen“ gekennzeichnet, andere nicht.
Zu all dem kann man den bloggenden und postenden Damen nur gratulieren. Aber ich komme nicht umhin ihnen mal deutlich zu sagen: Mädels, Ihr seid laut Definition gar keine Hausfrauen mehr! Ihr verdient mit Eurer grandiosen Geschäftsidee nämlich einen Haufen Geld aus Werbeeinnahmen. Ihr schreibt Gastbeiträge, und weil das Thema „Revival der Hausfrau“ zur Zeit auch dem Fernsehen sehr gut gefällt, tretet Ihr gern auch mal im Frühstücksfernsehen auf. Sicher investiert Ihr jede Menge Zeit in Euer Tun und müsst die Einnahmen auf der Steuererklärung angeben. Seid doch stolz darauf und steht dazu! Denn Euren vielen Abonnentinnen wärt Ihr so ein besseres Vorbild, als wenn ihr ständig herunterbetet, dass ihr Euer Leben allein der Familie widmet und Euch Eure Rente am Allerwertesten vorbeigeht.
Es sieht ja alles sehr hübsch aus, die perfekte Wohnzimmereinrichtung und die Fotos von den Ferien auf dem Bauernhof. Aber ich denke, dahinter steckt eine ordentliche Portion Heuchelei. Für mich seid Ihr keine Hausfrauen, sondern sehr erfolgreiche Geschäftsfrauen. Ärgert oder freut Euch das jetzt?