Im Kinderkrankenhaus: Was sind schon Standards?

Im Kinderkrankenhaus: Was sind schon Standards?

Der Herbst 2016 war, aus Muttersicht betrachtet, eine Vollkatastrophe. Die Zwillinge waren eineinhalb Jahre alt, und ihr erster Kita-Winter stand an. Die meisten Mütter wissen, wovon ich spreche. Das kleine Würmchen wird einer Vielzahl von Viren und Bakterien ausgesetzt, die sein kleiner Körper noch nicht kennt. Die Folge: man sitzt wochenlang tagtäglich in Wartezimmern von Kinderärzten und erlebt durchhustete Nächte, während man sich selbst nur mühsam mit Paracetamol aufrecht halten kann, weil die Viren für Ansteckung in der ganzen Familie sorgen.

Wie gesagt, der letzte Herbst war da besonders schlimm. Unsere Kinderärztin bestätigte uns das hartnäckige Umgehen des sogenannten RS-Virus sowie alter Bekannter wie Influenza und natürlich Streptokokken. Erst lief unserem Mäuschen Blut aus dem Ohr (das Trommelfell war mal wieder geplatzt), dann kam der ganz schlimme Husten. Und schließlich sagte die Ärztin, als wir mal wieder an einem Sonntagabend in der Notaufnahme des UKE saßen: es hilft nichts, wir kriegen die Sättigung nicht in den Griff, sie muss stationär aufgenommen werden. Verdacht auf Lungenentzündung. Da ihre Sättigung bei 89 lag (normal ist 97-100), bekam sie eine Beatmungsmaske, die ich die ganze Zeit halten musste. Sie durfte keine Sekunde abgelegt werden, das sei Standard bei einer Sättigung unter 92. Wir mussten ewig warten, weit und breit war kein Mensch. Dann kam die schlimmste Prozedur: der Venenzugang musste gelegt werden. Zu zweit murksten sie an der Hand meines armen Mäuschens rum, das sich heftig wehrte, und es floss viel Blut. Endlich saß die blöde Nadel, Mäuschen schrie aber noch eine ganze Weile weiter.

Nach einer weiteren Stunde Wartezeit konnten wir endlich in unser kleines Kämmerlein, das sie Zimmer nannten. Die Lungenentzündung war festgestellt, und wir verbrachten eine schreckliche Woche auf 8 m². Als die Sättigung endlich 24 Stunden am Stück über 90 lag, konnten wir heim. Obwohl wir nicht genau wussten, was sie hatte, denn festgestellt wurde nichts, nur ausgeschlossen. Eine Woche verbrachten wir daheim, dann ging es wieder los. Mäuschen mühte sich ganz schwer mit dem Husten, und das Fieber stieg auf über 40. Die Fieberröte konnte aber nicht die leicht bläulichen Lippen kaschieren. Also ab zur Kinderärztin, die Sättigung dümpelte wieder um die 89, deshalb wurden wir wieder ins Kinderkrankenhaus eingewiesen. Diesmal hatte das UKE jedoch kein Zimmer für uns frei. Ganz Hamburg keuchte und überfüllte die Kliniken. Mit Mühe fand unsere Ärztin ein Bett im Altonaer Kinderkrankenhaus.

Bei der Ankunft dort übergab sich Mäuschen schon vom Husten. Bei der Aufnahme wurden fast 41 Grad Fieber gemessen und eine Sättigung von ca. 90 festgestellt. Doch, Überraschung, es wurde ihr kein Sauerstoff angeschlossen. Auf meine Nachfrage hieß es, das ginge auch so erstmal und würde später bei Ankunft auf dem Zimmer gemacht. Dabei hatte das UKE zwei Wochen zuvor vorgegeben, sie könne keine Sekunde ohne Sauerstoff auskommen. Dann sollte der Venenzugang gelegt werden. Mir graute schon davor. Mäuschen war inzwischen eingeschlafen. Der nette Doktor in der Notaufnahme kam mit einem Pflaster, welches er auf ihre Hand klebte. Man belasse dies dort eine Weile, dann sei die Hand etwas betäubt, und das Kind merke gar nichts vom Nadellegen. Ach, sowas gibt es? Warum verzichtet das UKE darauf, wenn es dem Kind offenbar Schmerz und Unbehagen erspart?? Kurz darauf wurde jedenfalls der Zugang gelegt, ohne dass Mäuschen davon aufwachte. Nach mehreren Tests hatte sich inzwischen herausgestellt, dass sie gleichzeitig eine Influenza, den RS-Virus und eine Mandelentzündung aufgrund von Streptokokken hatte. Und all dies hatte wieder eine Lungenentzündung ausgelöst. Sie war also richtig heftig krank. Wir wurden dann auf Station gebracht und saßen noch ein bis zwei Stunden in einem Warteraum. Währenddessen ließ sich niemand bei uns blicken, Sauerstoff gab es immer noch nicht, und es wurde auch nicht inhaliert. Endlich konnten wir in unser Zimmer einziehen, das wir mit einem neunjährigen Jungen teilten. Und dort bekam Mäuschen schließlich ihre Sauerstoffmaske und inhalierte erstmals.

Welche Erreger sie mit sich trug, war bekannt. Doch erst nach fünf Tagen wurde plötzlich entschieden, wir müssten in Quarantäne. Das hatte nun wohl irgendein Oberarzt entschieden. Wir durften das Zimmer nicht verlassen, und die Ärzte trugen beim Betreten immer einen grünen Ganzkörperanzug und Mundschutz. So etwas hatte ich bisher nur in Filmen gesehen, in denen es darum geht, dass Killerviren die Menschheit auszurotten drohen. Wir durften nicht einmal mehr normales Essbesteck benutzen, sondern bekamen Plastikbesteck. Keine Ahnung, wie viele Killerviren wir in den fünf Tagen zuvor durch Benutzung eines Metalllöffels bereits im Krankenhaus verteilt hatte. Nach zwei weiteren Tagen durften wir dann endlich das Krankenhaus verlassen.

Was blieb, war der fade Beigeschmack, dass Regeln in Krankenhäusern, die uns als selbstverständlich vermittelt werden, in unterschiedlichen Häusern und dort von verschiedenen Ärzten völlig unterschiedlich gehandhabt werden. Man darf nie aufhören, sein eigenes Bauchgefühl einzubeziehen, denn Regeln sind offenbar nicht immer gleich Regeln!

5 Gedanken zu „Im Kinderkrankenhaus: Was sind schon Standards?

  1. Die sogenannten Regeln in Krankenhäusern sowie der Umgang mit Patientinnen und Patienten sind extrem verbesserungswürdig. Ich spreche aus Erfahrung! Neben dem Bauchgefühl sollte man auch immer seinen Verstand einbeziehen!

  2. Du hast völlig recht. Man muss immer sein eigenes Bauchgefühl mit einbeziehen! Abgesehen davon, wäre es vielleicht sinnvoll, in Zeiten, wenn die Kinder gesund sind, zu einer Heilpraktikerin/Hömöopathin zu gehen, um nach Wegen zu suchen, das Immunsystem Deiner Kleinen zu stärken, damit Ihr bloß nicht wieder dahin müsst!

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